Ev. Kirche Essen-Haarzopf

Sanierung der einsturzgefährdeten, denkmalgeschützten Kirche in Essen

Bauherr: Ev. Kirchengemeinde Essen-Haarzopf
Planung: Dipl.-Ing. Frank Ahlbrecht, Architekt BDA, RAIV, Essen
Dr.-Ing. Norbert Stannek, Architekt Bergisch Gladbach
Statik: SchwabLemke Ingenieurbüro

Bauleitung: Mareike Tebbe, Architektin M.A. (arch), Ahlbrecht Baukunst
Bauzeit: 2014 – 2016
Standort: Essen-Haarzopf
Baukosten: ca. 880.000 €

Baubeschreibung:

Die vom Düsseldorfer Architekten Prof. Max Benirschke entworfene Evangelische Kirche in Essen-Haarzopf wurde 1913 eingeweiht. Nach der Reparatur von Kriegsschäden konnte die Kirche 1947 wieder in Benutzung genommen werden.

Seit 1996 steht sie unter Denkmalschutz.

Benirschke entwarf einen fast quadratischen, tonnengewölbten Wandpfeilersaal mit eingezogenem, tonnengewölbtem Chor und gegenüberliegender Orgelempore, mit darunterliegendem Konfirmandensaal. Dieser kann bei Bedarf zum Kirchsaal hin geöffnet werden. Die Eingänge liegen an den Seiten, ein Turm mit Satteldach befindet sich an der südwestlichen Ecke der Kirche.

Es gibt zwei Orgeln in der Kirche, die historische auf der Empore, die jüngere im Chorraum, hinter dem nach Osten ausgerichteten Altar.

Die Dachkonstruktion besteht aus sog. "Hetzerträgern", eine sehr frühe Form von damals neuartig entwickelten Leimbindern. Zwischen den Schildwänden sind fünf Binder vorhanden, die in der Art umgestülpter Hufeisen angeordnet sind. Die bis zum Boden reichenden, hölzernen Binder stehen zwischen den Fenstern vor der durchlaufenden Außenwand und sind innen auf drei Seiten mit Mauerwerk / Putzschalen verkleidet. Diese Pfeilervorlagen untergliedern das Langhaus an den Außenwänden. Über den Vorlagen verlaufen die Binder bogenförmig in der Achse der im Kirchenraum sichtbaren und beidseitig in rot eingefassten Gewölbestreifen. Das Gewölbe besteht aus einer Rabitzkonstruktion, die an den Bindern aufgehängt worden war.

Das Innere wirkt belebt, durch an den Ecken der Pfeiler sitzenden Gurtrippen, die in Sockelhöhe beginnen.

Die Neigung des Satteldaches über dem Kirchenraum beträgt ca. 45° und ist nachträglich mit Betondachsteinen gedeckt worden.

Der Bodenbelag besteht aus Solnhofener Platten.

 

Befunde / Sanierungskonzept

Zur Abwehr drohender Einsturzgefahr, bedingt durch die stark geschädigten Leimbinder, musste die Kirche Anfang 2013 für jegliche Nutzung gesperrt werden.

Die Leimbinder waren auf Grund von Querzugspannungen aufgerissen, sodass die statische Sicherheit der Kirche nicht mehr gewährleistet werden konnte. Die Risse mit teilweise mehreren Zentimeter Breite, waren insbesondere im Bogenscheitel stark ausgeprägt.

Anhand einer statischen Berechnung wurde festgestellt, dass selbst bei der Annahme einer intakten Substanz der historischen Leimbinder, diese überlastet wären und besonders Querzugspannungen (z.B. bei Windbeanspruchung) nicht hinreichend aufnehmen konnten.

Zur Verstärkung der vorhandenen Leimbinder mussten zusätzliche, seitlich flankierende Leimbinder eingebaut werden. Hierfür war es unumgänglich, das raumabschließende Rabitzgewölbe sowie die Pfeilerverkleidungen abzutragen. Weiterhin musste zur Reduzierung der Horizontalbelastung durch Wind auf die Binder ein Verband aus Stahlprofilen in Kehlbalkenebene (Spannrichtung von Giebel zu Giebel) eingebaut werden.

Nach dem Einbau der zusätzlichen Leimholzbinder, wurden das Rabbitzgewölbe und die Pfeilerverkleidungen (inkl. aller Vor- und Rücksprünge und Gurtrippen, etc.), entsprechend des historischen Bestandes und in Abstimmung mit dem Institut für Denkmalschutz und Denkmalpflege in Essen sowie dem LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland rekonstruiert. Des Weiteren wurde gemäß der Farbbefunde des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland die historische, expressive Farbgebung mittels mineralischer Farben wieder hergestellt.

Die Sanierung begann im Januar 2014, zum Weihnachtsfest 2016 konnte die Kirche wieder von der Gemeinde genutzt werden.